Oase für verletzte Kinderseelen

Baufortschritt im Rosenhof

Neubeuern – Ihre Eltern können sich Kinder bei der Geburt nicht aussuchen. Viele haben es mit ihnen gut erwischt. Aber es gibt auch Buben und Mädchen, die in ihren Familien so schlimme Erfahrungen mit Gewalt, Missbrauch, Verwahrlosung oder Vernachlässigung machen, dass sie vom Jugendamt in Obhut genommen werden. Für sie baut das Albert-Schweitzer-Familienwerk in Pinswang bei Neubeuern ein weiteres Kinderdorfhaus, das ihnen ein neues, sicheres Zuhause bietet. Bald ist Richtfest, noch 2015 sollen die ersten Kinder einziehen.

Verletzte Kinderseelen heilen und Sozialwaisen die Chance auf eine lebenswerte Zukunft eröffnen: Darum dreht sich das Rosenhof-Projekt, an das sich das Albert-Schweitzer-Familienwerk 2012 heranwagte, weil es auf die Hilfsbereitschaft der OVB-Leser bauen konnte. 755 000 Euro – eine überwältigende Summe – wurden für die OVB-Weihnachtsaktion „Ein Zuhause für Kinder in Not“ gespendet. Jeder Cent fließt in den 1,4 Millionen Euro teuren Umbau eines wunderschönen, aber baufälligen Hofs in Pinswang (Gemeinde Neubeuern) in ein Kinderdorfhaus. Der Rosenhof, gebaut 1906, befindet sich nur einen Steinwurf entfernt vom Kerbhaus, einem bereits seit 2004 bestehenden Kinderdorfhaus des Albert-Schweitzer-Familienwerks.

Schon bald wird der Rosenhof nicht mehr wieder zuerkennen sein. Die Arbeiten auf der Großbaustelle schreiten zügig voran: Am 10. Juli wird Richtfest gefeiert, die offizielle Einweihung des neuen Kinderdorfhauses ist am 27. November, noch im Advent sollen die ersten Sozialwaisen einziehen.

Als Sozialwaisen bezeichnet man Kinder, deren leibliche Eltern zwar noch am Leben, aber aufgrund sozialer Umstände nicht fähig sind, ihren Nachwuchs zu versorgen und zu erziehen. Manche haben psychisch kranke, andere drogenabhängige, gewalttätige oder straffällig gewordene Väter und Mütter.

In den Kinderdorfhäusern des Albert-Schweitzer-Familienwerks mit ihrer familienähnlichen Struktur sind diese Buben und Mädchen gut aufgehoben. Im Kerbhaus wohnen schon sieben Kinder im Alter von acht bis 14 Jahren mit ihren Kinderdorfeltern und deren leiblichem Kind unter einem Dach.

Weil die Nachfrage nach solchen Betreuungsplätzen groß, das Kerbhaus aber stets „ausgebucht“ ist, wird der Rosenhof aufwendig in ein heilpädagogisches Kleinheim für „Sozialwaisen“ verwandelt – ein Projekt von großer Nachhaltigkeit: Sind die Jugendlichen im Kinderdorfhaus alt genug, um ihr eigenes Leben zu leben, rückt die nächste Generation nach. So kann diese Oase im Inntal zum Rettungsanker für Sozialwaisen werden, die heute noch gar nicht geboren sind.

Im Rosenhof werden bis zu neun Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 18 Jahren aufgenommen. Dort leben sie zusammen mit den Hauseltern wie in einer richtigen Familie. „Ein großer Vorteil dieses Modells ist auch, dass wir Geschwisterkinder gut in diese Familien integrieren können“, sagt Heiner Koch, geschäftsführender Vorstand des Albert-Schweitzer-Familienwerks.

Das Bauernhaus wird nun speziell für die Erfordernisse einer heilpädagogischen Einrichtung renoviert und den Bedürfnissen von traumatisierten Kindern und Jugendlichen angepasst. Helle Räume, ein eigenes, gemütliches Zimmer für jedes Kind, eine großzügige Wohnküche und ein Spiel- und Bewegungsraum sollen den „Neuanfang“ erleichtern. Ruhe und Kraft gibt den Kindern auch die malerische Umgebung im Inntal mit vielen Wiesen, Wäldern, Bergen und Tieren.