Ingenieure schwitzen für verletzte Kinderseelen

Neubeurer Haus: Morgens Rohbau, abends fertig

„SiemensWelt“. Neubeuern – Am Morgen noch ein Rohbau, am Abend ein fertiges Haus, gemütlich mit allem Drum und Dran eingerichtet und schon bezogen: Im Neubeurer Ortsteil Pinswang wird bald gehämmert, geschraubt, geklebt und montiert, dass sich die Balken biegen. 170 Siemens- Mitarbeiter, die aus aller Welt anreisen, machen dann bei einem einmaligen Projekt gewaltig Tempo. Und die Sache ist es wert. Denn die Baustelle, die die flotten Siemens- Männer und -Frauen in nur einem Tag in ein Schmuckes Heim verwandeln, wird ein Haus für verletzte Kinderseelen sein. In der Einrichtung des Albert- Schweitzer- Familienwerkes Bayern finden Kinder, die Opfer sexueller Gewalt oder massiv vernachlässigt wurden, ein neues Zuhause.

„Eine Riesensache“, freut sich Neubeuerns Bürgermeister Hans- Jürgen Tremml. „Da wird bei uns eine Menge los sein.“ Am Freitag, 13. Mai, ist es so weit. Dann wird das Kerbhaus – benannt nach der Stifterin Dr. Ruth Kerb – in Rekordzeit bezugsfertig gemacht. Dass auch er den ganzen Tag anpackt, versteht sich für den Bürgermeister von selbst.
Wenn die 170 Mitarbeiter der Firma Siemens Management Consulting (SMC), eine Abteilung des Konzerns, anreisen, finden sie einen leeren Rohbau vor. Die Inneneinrichtung fehlt komplett: Keine Möbel, keine Lampen, keine Bilder. In vielen Räumen ist noch der Estrich zu sehen. Das Dach ist nicht eingedeckt, die Lerchenholzverschalung ebenfalls noch nicht montiert, die Balkon nur ansatzweise zu erkennen. Es ist kein Garten angelegt, es fehlt der Carport – und von kleinen Pferdestall, Sandkasten und Spielplatz ist auch nichts zu sehen. Stunden später wird es so aussehen: Der Zaun hochgezogen, der Spielplatz fertig, der Rest auch – und vielleicht brennt sogar ein Grillfeuer vor sich hin. Oder die Kinder machen es sich mit ihrem Hauselternpaar erstmals im liebevoll eingerichteten Wohnzimmer auf der Couch gemütlich.
Das Abenteuerliche dabei: Nicht Handwerker schwitzen für die verletzten Kinderseelen, sondern Mathematiker, Ärzte, Wirtschaftsingenieure, Sekretärinnen, Datenverarbeiter, Berater und Geisteswissenschaftler. Geht das gut? „Natürlich, es ist für uns schon das vierte Projekt dieser Art – und bisher hat stets alles nach Wunsch geklappt“, erklärt Albrecht Wild. Der kaufmännische Leiter der Siemens Management Consulting zieht bei dem Unterfangen Kerbhaus die Fäden und lässt die Mitarbeiter dafür extra aus den USA und Asien anreisen.

„Wir wollen uns sozial engagieren und etwas für benachteiligte Kinder tun“, begründet er die spontane Siemens- Zusage, als das Albert- Schweitzer- Familienwerk um Hilfe bat. „Zudem gibt es für uns als Unternehmen kein besseres Team- Erlebnis“, erhofft sich Wild von dem außergewöhnlichen Tag in Neubeuern auch einen positiven Effekt für die berufliche Zukunft seiner Mitarbeiter.
Nun fiebern alle dem großen Tag entgegen. – wie etwa Bürgermeister Tremml, de kein klassischer „Schreibtischtäter“ ist, sondern als gelernter Elektriker fachmännisch Lampen installieren kann und auch ansonsten handwerklich geschickt ist. Das dann nichts mehr schief gehen – auch nicht an einem Freitag, den 13.